Halo 11-2020

HALOKAZ | 29 Datum/Zeitraum Original-Text von Horst Reinhold vom 18.4.1948 Ergänzende Bemerkungen des ArchivClubs 21.01.1945 Geflüchtet von Liepnicken bis Klaussitten bei Zinten Liepnicken, der Heimatort von Horst Reinhold lag in Ostpreußen, etwa 16 km von Königsberg entfernt 22.01.–05.02.1945 Station in Klaussitten Klaussitten bei Zinten, damals etwa 5000 Einwohner 06.02.–09.02.1945 In der Nacht nach Groß Döbnicken gefahren Früherer Landkreis Preußisch Eylau, heute russisches Staatsgebiet 10.02.1945 Fuhren wir nach Deutschland Thierau Kreis Heiligenbeil in der damaligen Region der so genannten Gutsdörfer 12.02.–16.02.1945 In Heiligenbeil angekommen und dort geblieben Das Fluchtgebiet liegt im heutigen Oblast Kaliningrad 17.02.1945 Gingen wir durch das Frische Haff Der gerade 1-jährige Rudi musste in der Karre durch das seichte Wasser geschoben werden 18.02.–02.03.1945 Fanden wir Unterkunft in Neuhäuse Eletstr. 2 bei Pillau Pillau heißt jetzt Baltijsk/Russland und hat etwa 33.000 Einwoh- ner 03.03.–06.03.1945 Mit den Autos nach Schwalbenberg gefahren 92m hohe Erhebung bei Alt-Pillau 07.03.–31.03.1945 Wurden wir mit Autobussen nach Pillau befördert, in Pillau in der Spar- kasse auf dem Fußboden gelegen. Am 27.03.1945 schlug ein Artilleriegeschoss auf die Straße, dadurch wur- de der 11-jährige Bruder Erwin getötet. Weitere Leichen wurden auf ei- nen Lkw geworfen und fortgefahren „Der Hafen von Pillau“, die letzte Hoffnung für die Flüchtenden. Am 31.1.1945 war die „Wilhelm Gustloff“ kurz nach dem Auslau- fen mit etwa 10.000 Menschen gesunken. Der Bruder von Gertrud und Horst wurde 6 Wochen vor Kriegsende getötet. 31.03.1945 8.00 Uhr: Abfahrt mit kleinem Frachtdampfer Koholyl bis Halbinsel Hela Die Halbinsel Hel gehört heute zu Polen; beim Überfall auf Polen 1939 war die Halbinsel vor Danzig hart umkämpft 01.04.1945 Ostersonntag übergeladen in den größeren Dampfer „Wangoni“ Der Dampfer diente als Flucht- und Verwundetenschiff 02.04.–04.04.1945 Auf See Eine gefährliche Überfahrt, denn es war ja noch Krieg 05.04.–08.04.1945 Ankunft in Dänemark – auf dem Dampfer gelebt Dänemark diente als Zwischenstation auf der Flucht der Deut- schen 08.04.–13.04.1945 ausgeladen und mit dem Zug in die Schule Gjentofte bei Kopenhagen gefahren Bis 1949 waren 5% der Bevölkerung Dänemarks Flüchtlinge. Die Dänen empfanden das als 2. Besatzung 14.04.–21.02.1946 Abfahrt mit dem Zug bis Nyrup-Kastanie bei Kalundborg – Insel See- land 45 Wochen Aufenthalt in einer landschaftlich schönen Gegend am Großen Belt 21.02.1946 mit dem Zug zurück nach Kopenhagen, von dort um 1:00 Uhr umgela- den ins Schiff „Cimbria Es gibt keine näheren Informationen zu Umständen und Bedin- gungen während des langen Aufenthalts 21.02.–22.02.1946 Auf See in Richtung Aalborg Kattegatt – Aalborger Bucht 22.02.1946 Ankunft in Aalborg Dänemark, Limfjord 22.02.–03.02.1948 Aufenthalt in Aalborg – Thistedvejen F.L. 49–07 Jütland 23-monatiger Aufenthalt ohne weitere Detail-Informationen 03.02.1948 um 2:00 Uhr Abfahrt von Thistedvejen nach Aalborg, von dort um 8:00 Uhr Abfahrt nach Grove per Karup am 03.02.48 um 5:20 Uhr in Grove – um die gleiche Zeit Bescheid bekommen, dass wir nach Deutschland fahren Über die Flüchtlingszeit in Dänemark gibt es viele Dokumentati- onen, u.a. „Kontakt zwischen Deutschen und Dänen streng ver- boten“ oder „Kind oder Feind?“; 10.000 Kinder starben an Hunger oder (Mangel-)Krankheiten 05.02.–29.02.1948 Abfahrt aus Grove bis nach Viborg-Hald Aufenthalt dort Bereits 1946 setzten die Weiterreisen in die „Neue Heimat“ ein 29.02.1948 Abfahrt mit Lkw bis zum Durchgangslager Shristrup Der Ort müsste in der Nähe von Kolding liegen 01.03.1948 bis Hamburg Jahnhalle – Ankunft um 3:20 Uhr Trotz Teilzerstörung bot die Jahnhalle den Durchreisenden Quar- tier 02.03.1948 Abfahrt aus Jahnhalle ins Stadtparklager Hamburg Die im Krieg teilzerstörte Stadtparkhalle wurde 1952 abgerissen 04.03.1948 Abfahrt zum Flüchtlingsdurchgangslager Uelzen, Bohlendamm Baracke 15, Ankunft um 3:15 Uhr 1,3 Mill. Flüchtlinge durchliefen bis März 1963 dieses Notaufnah- melager; es bestand zunächst nur aus Zelten 06.04.–12.04.1948 Abfahrt aus Uelzen um 6:05 Uhr bis nach Harsum, Unterkunft in der Landfrauenschule Die Landfrauenschule in der Harsumer Kaiserstr. 24 diente als Zwi- schenstation für die Flüchtlinge Heute Altenpflegeheim St. Elisabeth, wo der Neffe Jürgen 2015 seine eigenen Bilder präsentierte 12.04.1948 Umzug in die II. Heimat nach Machtsum Nr. 58 bei Jakob Vollmer. Die ostpreußische Familie Reinhold wurde dem Hof zugeordnet, auf dem jetzt der Sohn Alois lebt Schlusssatz Ich hoffe keine weiteren Eintragungen zu machen. Machtsum, den 18. IV. 1948 gez. H. Reinhold Horst Reinhold war als 15-jähriger Junge mit der Mutter und den 4 jüngeren Geschwistern Gertrud, Ursula, Erwin und Rudi in ih- rer Heimat aufgebrochen und sie hatten zu viert nach 1177 Ta- gen und 23 Stationen ihre „Neue Heimat“ in Machtsum erreicht … aber sie waren weiterhin „Flüchtlinge“

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